WTV-Vorsitzender Karl-Heinz Schäfer: Gedenkkultur pflegen - Frieden ist keine Selbstverständlichkeit
Wie alljährlich trafen sich trotz widriger Wetterverhältnisse Mitglieder der elf Zweigvereine des Werratalvereins 1883 e.V. auf dem Hohen Meißner, um am Volkstrauertag der Opfer von Krieg, Gewalt und Vertreibung zu gedenken. Das traditionelle Treffen an der Gedenkstätte des Vereins bei den „Seesteinen“ wurde von der Musikgruppe Rimbach umrahmt.
Der Vorsitzende des WTV-Hauptvereins Karl-Heinz Schäfer mahnte, die Gedenkkultur zu pflegen – gerade auch für die jungen Menschen -, um die immensen Auswirkungen von kriegerischen Auseinandersetzungen aber auch die persönlichen Schicksale durch Flucht und Vertreibung mit den lebenslangen traumatischen Folgen im Bewusstsein der Gesellschaft aufrecht zu erhalten. „Die Tatsache, dass es immer weniger Zeitzeugen gibt, führt leider dazu, dass die Gräueltaten der beiden Weltkriege ihren Schrecken verlieren und zugleich eine Verharmlosung von Krieg einzusetzen beginnt“, so Schäfer. In den Mittelpunkt seiner Rede stellte er in diesem Jahr das Leiden der Vertriebenen. Über 14 Millionen Menschen verloren ihre Heimat in Ostpreußen, Pommern, Schlesien, Sudetenland und wurden gewaltsam aus ihren Siedlungsgebieten in Osteuropa vertrieben. In den 1950er Jahren waren rund 20 Prozent der Bevölkerung im Werra-Meißner-Kreis Vertriebene, die hier eine zweite Heimat gefunden hatten. Dass sich viele Menschen dieser historischen Bevölkerungsveränderung nicht mehr wirklich bewusst sind, wertet Schäfer als Zeichen für eine gelungene Integration. Er empfinde Hochachtung vor dieser Generation und für ihre Lebensleistung. Institutionen wie der Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge, der VdK und der Sozialverband Deutschland waren wichtige Anlaufstellen für Betroffene und ihre Angehörigen – sie tragen Sorge dafür, dass diese elementaren Erfahrungen nicht einfach verloren gehen.
Frieden in einer demokratischen Grundordnung sei keine Selbstverständlichkeit und auch kein Selbstläufer; insofern sind wir alle aufgefordert, unseren Beitrag zum Erhalt der Demokratie und des Friedens zu leisten – und hierfür Verantwortung zu übernehmen. Für ein friedvolles, soziales Miteinander sind Respekt und Toleranz gegenüber unseren Mitmenschen unabhängig von ethnischer Herkunft und persönlichen Weltanschauungen von elementarer Bedeutung, so die Aussagen von Schäfer. Dies umso mehr, da in einer komplexen Welt und in einer globalisierten Wirtschaft keine einfachen Antworten auf der Hand liegen, sondern mit Geduld und gegenseitiger Achtung Kompromisse erarbeitet werden müssen. Schäfer beklagte die zunehmend menschenverachtende Sprache In der politischen Auseinandersetzung und in den sozialen Netzwerken; hier werden Grenzen überschritten, die in dieser Form keine Perspektive für ein friedvolles Miteinander bieten.
Bericht: Klaus Rohmund | Foto: Klaus Gogler